Minima Energetica - Gaskraftwerke

Beitragsseiten

3. Gaskraftwerke

Ein äußerst wichtig gewordener Primärenergieträger ist das Erdgas. Mit ihm kann nicht nur ein konventionelles Dampfkraftwerk befeuert werden, das Erdgas erlaubt auch den Bau von kalorischen Kraftwerken eines anderen Typs, welche ohne das Medium „Wasserdampf“ auskommen. Jedem ist bekannt, was es bedeutet, wenn es in einem Wohnhaus zu einer Gasexplosion kommt. Das bei einer solchen entstehende heiße Gasgemisch bricht sich zerstörerisch die Bahn, entspannt sich ins Freie und beschädigt oder zerstört gar das betroffene Haus. In einer Gasturbine geschieht prinzipiell das gleiche, nur in gezähmter Form. Wie bei einer Explosion will sich das entzündete Gas entspannen, doch die Gasturbine ist so konstruiert, dass das Gasgemisch, das bei der Verbrennung entsteht, nur einen Ausweg ins Freie hat, und zwar über die Rotorschaufeln der Gasturbine. Dadurch wird der Rotor der Turbine in Drehung versetzt und treibt den nachgeschalteten Generator an.

Solche Gasturbinenkraftwerke haben eine Reihe von Vorteilen. Verglichen mit den mit Gas befeuerten Dampfkraftwerken sind sie relativ einfach aufgebaut, denn sie benötigen keinen riesigen Dampfkessel für die Erzeugung von Wasserdampf. Sie benötigen daher auch keine Vorrichtungen für die Kühlung des Dampfes, der die Dampfturbine verlassen hat, also keinen Kondensator, kein Kühlwasser, keine Kühltürme. Aufgrund dieser Vorteile ist es weit einfacher, einen geeigneten Standort für ihre Errichtung zu finden. Ausserdem ist die Zeit, die man für die Fertigstellung eines Gaskraftwerkes braucht, wesentlich kürzer als bei Dampfkraftwerken, denn die Gasturbinen sind standardisiert. Sie können daher weitgehend schon in der Fabrik zusammengebaut werden, was die Montage vor Ort erleichtert und die Zeit, die für die Errichtung einer solchen Anlage benötigt wird, beträchtlich verkürzt. (Die Zeit, die ein konventionelles Dampfkraftwerk für seine Errichtung benötigt, liegt ― von der Vertragsunterzeichnung bis zur Inbetriebnahme gerechnet ― bei etwa fünf bis zehn Jahren. Ein Gaskraftwerk kann etwa in der halben Zeit errichtet werden. Die Bauzeit für ein Atomkraftwerk beträgt mehr als zehn Jahre, nicht zuletzt deshalb, weil gewaltige bürokratische Hürden zu überwinden sind.)

Die Investitionskosten für ein Gaskraftwerk sind daher deutlich niedriger als für ein Dampfkraftwerk der gleichen Leistung. Der einzige Nachteil von Gaskraftwerken ist, dass ihr Wirkungsgrad geringer ist als bei einem Dampfkraftwerk, das heißt, dass man mit einer gewissen Menge an Gas in einem gasbefeuerten Dampfkraftwerk mehr an elektrischem Strom erzeugen kann als in einem Gaskraftwerk.

Reine Gaskraftwerke werden daher hauptsächlich dort eingesetzt, wo die Kosten für den Primärenergieträger Erdgas eine untergeordnete Rolle spielen, also zum Beispiel in Russland, nicht jedoch in Österreich und schon gar nicht in der Energiekrise, in der wir uns heute befinden. Bei uns hat sich daher ein anderer Typus eines Gaskraftwerkes durchgesetzt, der die genannten Vorteile, die der Einsatz von Gasturbinen bietet, nützt, ohne unnötig Erdgas zu verschwenden: das sogenannte Kombikraftwerk. Da das verbrannte Gas, das eine Gasturbine verlässt, mit Temperaturen von über 600 °C noch sehr heiß ist, ist es naheliegend, es energetisch zu nutzen. Das geschieht, indem man mit den heißen Abgasen der Gasturbine einen Kessel heizt und Dampf erzeugt, mit welchem eine Dampfturbine betrieben werden kann. Ein solches Kombikraftwerk wird auch GuD-Kraftwerk genannt, wobei der Buchstabe G für Gas, der Buchstabe D aber für Dampf steht.

Verglichen mit Dampfkraftwerken haben Gasturbinen noch einen weiteren Vorteil, und der hat es in sich. Während Dampfkraftwerke sehr träge sind und einen ganzen Tag oder länger brauchen, um aus dem kalten Zustand auf Volllast hochgefahren zu werden, kann eine Gasturbine sehr schnell gestartet werden, was für die Aufrechterhaltung der Netzstabilität von überragender Bedeutung ist.

Veranschaulichen kann man sich diese Eigenschaft einer Gasturbine mit den Triebwerken eines Jet-Flugzeuges. Diese sind ihrer Struktur nach ja auch nichts anderes als Gasturbinen, welche die Energie des verbrannten Gases in Bewegungsenergie wandeln. Statt jedoch einen Generator anzutreiben, erzeugen die Rotoren der Triebwerke einen Rückstoß, wodurch das Flugzeug in Bewegung gesetzt wird, denn nach dem Impulserhaltungssatz der Mechanik muss dem Impuls nach hinten ein ebenso großer Impuls nach vorne entsprechen. Jeder, der je in einem Jet-Flugzeug gesessen ist, weiß, wie rasch die Triebwerke eines solchen gestartet und auf die beim Take-off benötigte Volllast gebracht werden können.

Dieser Vorteil von Gasturbinen erlaubt es, sehr schnell auf die Erfordernisse des Netzes zu reagieren. Sollte im Netz plötzlich mehr Energie benötigt werden als augenblicklich produziert wird, steht das eine oder andere Gaskraftwerk sozusagen Gewehr bei Fuß und kann im Bedarfsfall rasch einspringen und den Fehlbetrag an elektrischer Energie liefern.