Salzburg Landtagswahl 23. April 2023 - Antworten der NEOS

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Florian S. Niederseer, NEOS Landesgruppe Salzburg

1. Salzburg hat mit rund 60 Artikeln eine schlanke Landesverfassung. Das Bundes-Verfassungsgesetz mit Nebenverfassungsrecht hat mindestens 1.000 Artikel darüber hinaus zahlreiche Gesetze in Verfassungsrang eingeflochten in einfachen Gesetzen. Würde Ihre Partei einen bundesweiten Verfassungskonvent zur grundlegenden Reform des BVG unterstützen?

Florian S. Niederseer, Pressesprecher NEOS – Das Neue Österreich, Landesgruppe Salzburg: Österreich hatte bereits einen Verfassungskonvent in den Jahren 2003 bis 2005. Danach ist leider wenig geschehen. Damit die Republik wieder an die Weltspitze gebracht wird, bedarf es nicht nur endlich des politischen Willens der Altparteien, sondern auch einer nachhaltigen strukturellen und organisatorischen Reform des Staatswesens. Daher würden wir NEOS klar einen bundesweiten Verfassungskonvent zur grundlegenden Reform der Verfassungsgesetze unterstützen.

2. Halten Sie die Abschaffung von neun verschiedenen Landesgesetzgebungen für a) möglich, b) wünschenswert, c) sinnvoll? Bitte begründen Sie Ihre Position.

NEOS: a) Alle gelernten Österreicherinnen und Österreicher wissen, dass die Abschaffung der neun verschiedenen Landesgesetzgebungen in einem Land, in dem der Föderalismus für Altparteien überlebensnotwendig ist, zumindest in naher Zukunft sehr unwahrscheinlich ist. Zudem müssten neben einer Volksabstimmung Nationalrat und Bundesrat mit jeweils 2/3 für diese Abschaffung stimmen. Bei den gegenwärtigen Kräfteverhältnissen ist das aktuell nicht wahrscheinlich.

NEOS: b) Es geht für uns NEOS nicht darum, was wir uns wünschen, sondern wie wir die Republik wieder an die Weltspitze heranführen können: Daher gibt es aus unserer Sicht zwei Lösungsvorschläge: Entweder wird für die Länder Steuerhoheit eingeführt (unter Entfall des vertikalen Finanzausgleichs), oder die Landesgesetzgebung wird abgeschafft. Hinsichtlich der Gemeinden gilt Folgendes: Die Selbstverwaltung soll jedenfalls beibehalten (und gegebenenfalls ausgeweitet werden), zugleich müssen aber Mindestgrößen in Hinblick auf die Effizienz festgelegt werden.

NEOS: c) (siehe Antwort b)

3. Können Sie sich eine Beschränkung der Landtage auf Kontrollfunktionen der Landesregierungen vorstellen?

NEOS: Auch wenn realpolitisch der Opposition in den Ländern, als Teil des jeweiligen Landtages, die Kontrollfunktion zukommt, besteht die verfassungsrechtliche Aufgabe dennoch in der Landesgesetzgebung. Sollte also dieses legislative Kernelement entfallen, macht es wenig Sinn, die Landtage als reine Kontrolleinrichtungen zu erhalten – dafür gibt es besser geeignete Institutionen (wie die Landesrechnungshöfe z.B.).

4. Artikel 5 Absatz 5 der Landesverfassung lautet: "Das Land Salzburg bekennt sich auch zu Instrumenten der partizipativen Demokratie, die nicht von Abs 1 erfasst sind, und fördert diese." Wie hat Ihre Partei diesen Absatz bislang in die Praxis umgesetzt und wie wollen Sie diesen Absatz künftig in ihrem politischen Alltag integrieren?

NEOS: Wir NEOS setzen uns für den Ausbau der direkten Demokratie ein. Dieser soll schrittweise, zunächst auf Gemeinde- und Landesebene und schließlich auf Bundesebene erfolgen, um die Bürgerinnen und Bürger langsam mit ihren neuen demokratischen Werkzeugen und der Verantwortung vertraut zu machen.

5. Artikel 9 definiert "Aufgaben und Zielsetzungen des staatlichen Handelns des Landes insbesondere: [...] - die Anerkennung der Stellung der Familie in Gesellschaft und Staat und die Erreichung einer kinderfreundlichen Gesellschaft [...]. Bitte erklären Sie, welchen Stellenwert die Familie im Programm Ihrer Partei hat.

NEOS: Unsere Vision ermöglicht es Familien, Betreuungszeit und Arbeit flexibel nach den eigenen Bedürfnissen einzuteilen. Wir wollen die richtigen Rahmenbedingungen für eine moderne Familienpolitik schaffen, die es allen Elternteilen ermöglicht, eine stärkere Rolle im Familienleben einzunehmen und währenddessen gleichberechtigt am Arbeitsmarkt teilzunehmen. Mit der Umsetzung des Gratis-Kindergartens in Salzburg für alle Drei- bis Sechsjährigen hat Andrea Klambauer einen riesigen Schritt in die richtige Richtung gesetzt. Unser oberstes Ziel ist es nämlich, dass alle Kinder mit denselben Chancen aufwachsen.

a) Ist der Begriff der Familie gemäß LGBTQ neu zu definieren oder im Sinne der traditionellen christlichen Grundwerte zu verteidigen?

NEOS: Wir definieren Familie als den Ort, an dem Menschen langfristig Verantwortung und Fürsorge füreinander übernehmen. Welche Sexualität oder Geschlecht die Menschen haben, ist für uns nachrangig.

b) Würden Sie eine Reform des österreichischen Eherechts, das noch aus der Zeit der Nazidiktatur stammt, unterstützen?

NEOS: Ja, denn das Eherecht ist in mancher Hinsicht nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Insbesondere die „Schuldfrage“ sollte überarbeitet werden. Zudem wünschen wir uns einen leichteren Wechsel von eingetragener Partnerschaft auf Ehe.

6. Artikel 30 lautet: "Die Mitglieder des Landtages sind bei Ausübung dieses Berufes an keinen Auftrag gebunden." (Diese Bestimmung entspricht dem Artikel 56 B-VG in Bezug auf die Nationalratsabgeordneten. Der Klubzwang ist demnach verfassungswidrig.) Wie steht Ihre Partei zum Klubzwang? wie wird er / wie wollen Sie ihn künftig praktizieren?

NEOS: Es stimmt, dass der Klubzwang - rechtlich betrachtet - gar nicht existieren dürfte. Beobachtet man eine Sitzung eines Landtages (oder des Nationalrates) wird man schnell feststellen, dass die Realverfassung hier abweichend ist. Wir NEOS haben als liberale Partei schon des Öfteren unter Beweis gestellt, dass wir eine Bewegung verschiedenster Individuen mitten aus dem Leben sind, die sich nicht davor scheut, unterschiedlich abzustimmen (z.B. bei der Impfpflicht).

7. Artikel 30 besagt weiters, dass Landtagsabgeordnete einen Beruf ausüben (keinen Nebenjob!), wofür sie Laut Artikel 32 Bezüge (nicht bloß Aufwandsentschädigungen!) beziehen. Sind Sie dafür, dass Landtagsabgeordnete künftig keine Nebenbeschäftigungen ausüben dürfen?

NEOS: Nein, denn eine Demokratie lebt von Pluralismus. Dazu gehört auch, dass sich Menschen mit verschiedensten beruflichen Werdegängen mitten aus dem Leben politisch engagieren. Es gibt eindeutig zu viele Berufspolitikerinnen und Berufspolitiker in diesem Land.

8. Laut Demokratiebericht des Varieties of Democracy Instituts der schwedischen Universität Göteborg ist Österreich 2022 von einer „liberalen Demokratie“ zu einer „Wahldemokratie“ abgestuft worden. Bitte abschließend um einen Kommentar über Ihre Einschätzung der Fragen

a) Ist Österreich noch eine echte Demokratie?

NEOS: Grundsätzlich leben wir - nach wie vor – in einem demokratischen Land, dessen Demokratie in den letzten Jahren leiden musste. Notwendige Reformen und Anpassungen auf politischer Ebene lange verschlafen. Zu festgefahren und korrupt scheint das System aus überbordender Inseratenvergabe, übermächtigen Sozialpartnern und Postenschacher. Um wieder als „liberale Demokratie“ eingestuft zu werden, müssen wir an zahlreichen Schrauben drehen. Neos hat dazu im Nationalrat unzählige Anträge eingebracht, die jedoch alle vertagt oder abgelehnt wurden.

b) Welche Reformvorschläge für unsere Demokratie bietet Ihre Partei?

NEOS:

-Justiz: Den unzähligen Korruptionsskandalen könnte man mit einer unabhängigen Bundesstaatsanwaltschaft entgegnen. Darüber hinaus braucht die Justiz mehr Mittel zur Verfügung, um ihre Arbeit weiter betreiben zu können.

-Transparenz: Durch eine Transparenzdatenbank inkl. Sanktionsmöglichkeit könnten Postenkorruption und Freunderlwirtschaft unterbunden und Doppelgleisigkeiten schneller erkannt werden. Zusätzlich würde eine allgemeine Angleichung des Förderniveaus an den EU-Durchschnitt jährlich vier Milliarden Euro einsparen.

Völlige Transparenz und freier Zugang zu allen Informationen staatlicher Stellen ist das beste Mittel gegen Korruption und Steuergeldverschwendung. Wir benötigen daher eine Verpflichtung zur Veröffentlichung von allen Informationen allgemeinen Interesses und ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Zugang zu diesen Informationen.

Sobald Auftragsvergaben des Staates unter den Augen der Öffentlichkeit stattfinden, werden Korruption und Verschwendung bei staatlichen Aufträgen der Vergangenheit angehören. Vorrangiges Ziel muss es sein, Beschaffungen im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zu möglichst wirtschaftlichen Konditionen für die öffentliche Hand abzuwickeln. Wir fordern daher die Veröffentlichung der Auftragsvergaben aller öffentlichen Stellen in einem online einsehbaren Register. Öffentliche Aufträge sollen erst ab dem Zeitpunkt Gültigkeit erhalten, ab dem sie in der Vergabedatenbank veröffentlicht wurden.

-Inserate: Auch als Oppositionspartei wissen wir: Jede Regierung braucht Werbeausgaben, um über ihre Arbeit zu informieren. Die Frage ist jedoch, wie hoch diese sein müssen. Leider ist es in Österreich üblich, dass Regierungen zu viel Steuergeld für Eigenwerbung ausgeben. Zum Vergleich: In Deutschland leben 10-mal so viele Menschen wie in Österreich. Gleichzeitig investiert die österreichische türkis-grüne Regierung rund das Doppelte an Steuergeld für Werbung und PR als ihre deutschen Kolleginnen und Kollegen.

-Wahlen: Wir fordern weiters Innovationen im Wahlrecht. Einzelne Abgeordnete und nicht die Partei müssen in den Mittelpunkt gestellt werden. Der Bundesrat sollte entweder aufgewertet oder durch ein starkes Einkammerparlament ersetzt werden. Weil Macht unserer Ansicht nach beschränkt gehört, wird die Abgeordnetentätigkeit für nicht direkt gewählte Funktionsträgerinnen und -träger im selben Organ auf 15 Jahre und bei Regierungsämtern auf 10 Jahre beschränkt.