Luegerdenkmal: Überlasst es den Vandalen!

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31. Mai 2023 - "Lueger-Denkmal wird um 3,5 Grad gekippt. Die Umsetzung der Kunstaktion ist für 2024 geplant und mit 500.000 Euro budgetiert", berichtet WienerZeitung.at. Mit dieser Kippaktion will die Stadt Wien die Vandalen stoppen, die das Denkmal häufig beschmieren.

Vorweg: Karl Lueger (1844-1910), Wiener Bürgermeister von 1897 bis zu seinem Tod, war ein Antisemit. So, nicht mehr und nicht weniger, wie Karl Renner (1870-1950), der noch 1939 für den Anschluss Österreichs an Deutschland gestimmt hat, Antisemit war. An den Denkmälern von Karl Renner hat im Roten Wien noch niemand gekratzt.

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Foto: Yulia Onipchenko, Kreativraum Galerie, nähe Luegerplatz

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Genealogie einer politischen Entscheidung: Schon 2009 schrieb die Universität für angewandte Kunst einen Wettbewerb aus. Unter 150 Einreichungen hat überraschender Weise der Musiker und Künstler Klemens Wihlidal mit einer einfachen, aber stringenten Idee gewonnen: er schlug vor, das über zehn Meter hohe Denkmal wie den schiefen Turm von Pisa zu kippen. Dann ist Jahre lang nichts passiert, bis die Stadt Wien 13 KünstlerInnen zu einem Wettbewerb geladen haben, den nun Wihidal gewonnen hat.

DiePresse.com kritisiert das Verfahren: "In der Zwischenzeit, mehr als ein Jahrzehnt nach Wihlidals Entwurf, hat sich die schwerfällige Maschinerie der Wiener Kulturpolitik endlich in Bewegung gesetzt – und zwar kerzengerade in die falsche Richtung. Statt den Wihlidalentwurf ohne Wenn und Aber umzusetzen, wurde zuerst die Freunderlwirtschaft bemüht und ganz ohne Ausschreibung ein 'Übergangsprojekt' auf dem Lueger-Platz realisiert. Da wärmt ein Händchen das andere – so läuft Korruption im Kunstrevier; alles verhabert, alles mit links, alles unter sich. Und so kommt es dazu, dass statt Klemens Wihlidal für seinen tatsächlich genialen Entwurf, eine Paarung namens Six & Petritsch den Auftrag für ein 'Übergangskunstwerk' bekommen hat, mit einem Ergebnis von jämmerlicher künstlerischer Qualität. Eine Bastelarbeit, mit der man den Prater, aber nicht Lueger kontextualisieren kann; und das für den horrenden Preis von 100.000 Euro."

Im Vergleich zu bislang 150.000 Euro, die (laut wikipedia) bereits für die fachgerechte Beseitigung der Interventionen von mehr oder weniger begabten Graffiti-KünstlerInnen, noch relativ günstig. Im Vergleich zum "Übergangskunstwerk" scheint auch die Umsetzung des Konzepts von Wihlidal gar nicht so teuer. Doch im Vergleich zu der Lösung, die ethos.at vorgeschlagen hätte, eine untragbare Geldverschwendung.

Der Vorschlag von ethos.at ist ebenso einfach und stringent wie der von Wihlidal: Lasst die Vandalen vandalieren! Österreichs Kulturpolitiker rühmen die Aktionisten, wo immer sie sich (selbst) wichtig machen wollen. Es ist unbestreitbar, dass die "Vandalen" (wahlweise mit oder ohne " ...", je nach Geschmack der LeserIn) Aktionen setzen. Sie sind so gessehen die legitimen Erben von Nitsch, Mühl, Brus und Co. Wenn nun politische Aktivisten oder künstlerische Aktionisten das Lueger-Denkmal für ihre  Statements benutzen, so wäre es demokratiepolitisch und kunsthistorisch plausibel argumentierbar, diese Akte im Geiste der Freiheit der Kunst und in der Tradition des Aktionismus einfach zuzulassen. Die Steinsockel und -reliefs könnte man vorab mit einer Schutzschicht versehen. Dies würde maximal 50.000 Euro kosten. Wer jedoch glaubt, eine 500.000 Euro teure Intervention würde Vandalen vor künftigen Aktionen zurückhalten, ist mehr als naiv - nämlich dumm.

Moralisches Resümee: Es ist moralinsauer, aus heutiger Sicht Karl Lueger (und viele anderen Politiker seiner Zeit bis zum Ende der ersten Republik) wegen "Antisemitismus" (wahlweise mit oder ohne "...", je nach Gesinnung der LeserIn) zur Unperson zu erklären (und andere Antisemiten nicht). Ebenso ist es moralinsauer, jene als Vandalen zu diffamieren, die Aktionen setzen, die vollkommen dem Zeitgeist entsprechen, nämlich den Positionen der politisch korrekten "Non-Antisemiten" (Diktion Antisemitismusstudie 2022)

Vielleicht ist es mehr als naiv - nämlich dumm - zu glauben, die österreichische Kultur in hundert Jahren oder sogar schon in kommenden Jahrzehnten sei höher als die heutige. Historisch betrachtet erleben wir seit hundert Jahren einen massiven Kulturverfall. Doch angesichts der Tatsache, dass die Umsetzung der genialischen Idee von Klemens Wihlidal auch in naher Zukunft keine Aktionisten von ihren Aktionen abhalten wird, wäre es angemessen, noch weitere 50 bis 100 Jahre mit der Umsetzung zu warten - in der Hoffnung, dass Österreich irgendwann eine Kulturwende erleben wird. Vielleicht werden die ÖsterreicherInnen dann die kulturelle Reife erreicht haben, die für die Umsetzung des Projektes nötig wäre. Oder man wird dann über Traditionen und Kültür sowieso ganz anders denken - dann wär die geplante Intervention 2024 und die damit verbundene Investition auch überflüssig. 

Das Künstlerhonorar, das wohl nicht mehr als 20 Prozent der Umbaukosten betragen wird, sollte man jedenfalls umgehend ausbezahlen. Ohne Wenn und Aber, ohne Larifari über den "den Weg der profunden demokratischen Willensbildung" der Stadt Wien (siehe OTS / Pressemitteilung).

Kommentare zu dem Thema siehe fischundfleisch.

Nachsatz: "1910 waren die Nachrufe auf Lueger freundlich. Die Israelitische Kultusgemeinde hatte für Lueger sogar einen Bittgottesdienst in der Synagoge abgehalten und für das Denkmal gespendet. In der Arbeiter-Zeitung erklärte man: '… das, was demokratisch und antikapitalistisch war in Luegers Anfängen, das zu vollenden ist die geschichtliche Mission des Roten Wien.' ... 1926 war das Lueger-Denkmal am Wiener Stubenring mit privaten Spendengeldern auf öffentlichem Boden errichtet worden. Der sozialdemokratische Bürgermeister Karl Seitz hielt die Einweihungsrede. Der Platz, auf dem es steht, heißt seit damals Karl-Lueger-Platz." Daran erinnert Christa Zöchling auf profil.at (10.2.22)


Das Projekt "Schieflage (Karl Lueger 3,5°)" hat die Jury überzeugt.

Wettbewerb zur permanenten Kontextualisierung des Lueger-Denkmals entschieden: Siegerentwurf stammt von Klemens Wihlidal

Wien (OTS / PID Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien) - In einer prekären Lage, dem Moment zwischen Stehen und Fallen, wird sich die Figur Karl Luegers künftig wiederfinden – so sieht es der Entwurf des Wettbewerbssiegers für die permanente Kontextualisierung des Lueger-Denkmals vor: 3,5 Grad wird sich die Figur Luegers, nach den Plänen von Klemens Wihlidal, künftig nach rechts neigen.

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Foto: Yulia Onipchenko, Kreativraum Galerie, nähe Luegerplatz

Tatsächlich war der Entwurf bereits bei einem Open Call (2009/2010) der Universität für angewandte Kunst gekürt worden. Nun hat er sich auch in einem demokratisch legitimierten, geladenen internationalen Wettbewerb durchgesetzt. Nach anhaltender öffentlich geführter Debatte war der Entschluss für eine künstlerische Kontextualisierung des Lueger-Denkmals 2022 nach einem Round Table mit Vertreter*innen aus Kunst, Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft getroffen worden. Insgesamt wurden für den von KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien gemeinsam mit der Kulturabteilung der Stadt Wien (MA 7) ausgelobten Wettbewerb 15 Künstler*innen eingeladen und 13 Projekte eingereicht.

Jury: "Die minimale formale Irritation erweist sich in der Stadt als starkes Zeichen"

Nach ausführlichen Diskussionen der eingereichten Wettbewerbsbeiträge ist die Jury zu dem Schluss gekommen, dass der Projektvorschlag von Klemens Wihlidal nichts an Aktualität eingebüßt hat: "Sein Entwurf verwandelt das Denkmal in eine Störung im öffentlichen Raum. Die Skulptur wird um 3,5 Grad geneigt und verliert optisch die Balance. Die minimale formale Irritation erweist sich in der Stadt als starkes Zeichen. Der künstlerische Vorschlag wirft Fragen auf und hält sie offen. Durch die Schieflage wird der Anspruch auf Monumentalität gebrochen. Diese visuelle Pointe erschließt sich auch ohne Vorinformation", so die Jury in ihrem Statement. "Der Entwurf vermag die öffentliche Debatte lebendig zu halten und so zu einer Bewusstseinsschärfung in der Zivilgesellschaft zu führen. Die Transformation des Denkmals unterläuft die affirmative Betrachtung von Luegers Politik der Ausgrenzung und seiner rassistischen und antisemitischen Hassreden. Die ‚Schieflage‘ verändert Perspektiven auf Vergangenheit und Gegenwart."

Mit der Juryentscheidung, die am Ende eines wissenschaftlich begleiteten, transparenten und breit öffentlich diskutierten und letztlich auch budgetär hinterlegten Prozess steht, beginnt nun die Detailplanung zur Umsetzung von Wihlidals Entwurf „Schieflage (Karl Lueger 3,5 °)“.

"Den Bruch einer Gesellschaft mit der Person Luegers in einem symbolischen Zeichen nicht nur deutlich zu vollziehen, sondern mit der nachhaltigen Irritation von Sehgewohnheiten auch noch aktiv zu halten, ist die enorme Stärke des Entwurfs von Klemens Wihlidal", hebt Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler hervor. "Auch 13 Jahre nach ihrem Entstehen beweist die Idee Bestand und Überzeugungskraft. Im Moment zwischen Stehen und Fallen eingefroren, ist der Denkmalsturz zwar angedeutet, die Figur verharrt aber im Zustand ihrer Infragestellung. Das öffentliche Sprechen aktiv zu halten, statt die historischen Spuren der Vergangenheit und der Geschichte auszulöschen, ist mir – besonders bei diesem Projekt – enorm wichtig. Das Projekt „Schieflage (Karl Lueger 3,5°)“ wird durch diese Irritation zu einem Mahnmal gegen politischen Populismus und Antisemitismus."

"Nur vermeintlich kehren wir zu einem Entwurf des Jahres 2010 zurück, denn es hat sich Entscheidendes verändert: Der stetige und in aller Breite geführte Diskurs in der Öffentlichkeit hat den Boden für eine Akzeptanz eines Eingriffs erst bereitet", betont Veronica Kaup-Hasler. "Statt die Abkürzung zu wählen und den siegreichen Entwurf des Open Calls in einer autokratischen Geste zu realisieren, ist die Stadt Wien den Weg der profunden demokratischen Willensbildung gegangen, zu dem wir verpflichtet sind."

Bezirksvorsteher des 1. Bezirks, Markus Figl: "Ich bin gegen die Entfernung von Geschichte aus dem öffentlichen Raum, weshalb es mir ein Anliegen war, dass das Denkmal bleibt. Die Persönlichkeit von Karl Lueger verlangt eine differenzierte Betrachtung, weil er sich auf unterschiedliche Art und Weise in das Gedächtnis der Stadt eingeschrieben hat“, so Markus Figl, Bezirksvorsteher Innere Stadt. „In den letzten Jahren gab es intensive Debatten zum Umgang mit dem Lueger-Denkmal mit Forderungen wie der Entfernung des Denkmals oder dem Entstellen der Statue. Der künstlerische Wettbewerb hat nun ein Ergebnis gebracht, um ein sichtbares Zeichen für die Ambivalenz der Geschichte zu setzen."

Klemens Wihlidal: "Schieflage (Karl Lueger 3,5 °)"

Die Lueger-Statue bestehend aus Bronzefigur und Sockelaufbau, wird um 3,5 Grad gekippt. Der Eingriff erfolgt nicht an der Statue, sondern an der Sockelbasis. Diese wird abgetragen und neu betoniert (3,5 Grad Neigung).

Klemens Wihlidal: „Mit meinem Entwurf möchte ich nicht das bestehende Denkmal verändern, sondern die Sichtweise und Perspektive darauf. Mit dem „minimalen“ Eingriff, Statue und Sockel aus Sicht der Betrachter*innen um 3,5 Grad nach rechts zu neigen, soll die Ehrwürdigkeit gebrochen und die Aufrichtigkeit infrage gestellt werden. Damit möchte ich eine Irritation, oder mehr noch, ein Unsicherheitsmoment auslösen, das möglicherweise erst beim zweiten Hinsehen spürbar wird. Die Schieflage erinnert auch an ein untergehendes Schiff oder ruft das Gefühl von Vergänglichkeit und Unbeständigkeit hervor, so als müsse man zusehen, wie das Denkmal gerade dabei ist, umzukippen, oder zumindest damit rechnen, dass es nicht mehr lange steht.“

KÖR Wien: "Wihlidals Entwurf fordert aktive, kritische Denkprozesse heraus"

"Wir erleben in den letzten Jahren einen starken Ruf nach neuen Denkmälern bzw. Mahnmalen und gleichzeitig eine intensive Beschäftigung der Kunst im öffentlichen Raum mit der Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das Bedürfnis, Geschichte mit unverstelltem Blick und im Hinblick auf unser aktuelles Handeln aufzuarbeiten, kann als eine elementare, kulturelle und gesellschaftspolitische Fragestellung der Gegenwart gesehen werden. Daher überrascht es nicht, dass wir als Institution mit diesem Thema seit den letzten Jahren immer stärker beschäftigt sind und auch vermehrt eine Vermittlungsaufgabe wahrnehmen müssen“, betonen Cornelia Offergeld, kuratorische Leitung KÖR, und Martina Taig, Geschäftsführung KÖR.

"Die Aufgabe der Kunst ist eine multiperspektivische Problemdeutung, die klare Zeichen gegen unübersehbare gegenwärtige Tendenzen wie Antisemitismus, Rassismus oder Ausgrenzung erst möglich macht. Die Kontextualisierung von Klemens Wihlidal fordert individuelle, vor allem aktive, kritische Denkprozesse heraus, die im besten Fall zu kollektiven werden", so das Statement von KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien abschließend.

Vorgeschichte

Vor dreizehn Jahren stieß die Universität für angewandte Kunst Wien mit einem Symposium und einem offenen Wettbewerb die Hinterfragung des Lueger-Denkmals am Stubentor an. In diesem Wettbewerb wusste der Vorschlag von Klemens Wihlidal zu überzeugen. Seither gab es immer wieder rege Diskussionen in Zivilgesellschaft und Politik über das Lueger-Denkmal und dem nach ihm benannten Platz am Stubentor. Nach wiederholten Besprühungen mit Graffitis stellte sich die Stadt Wien 2021 der Frage nach dem zeitgemäßen Umgang mit dem Denkmal und der Person Luegers – zunächst mit einer großen Gesprächsrunde im Rathaus, der 2022 der Beschluss, einen künstlerischen Wettbewerb für die permanente künstlerische Kontextualisierung des Denkmals auszuloben, folgte.

Das Denkmal und sein Kontext

Die 1926 errichte Denkmalanlage zur Erinnerung an den von 1897 bis 1910 amtierenden Wiener Bürgermeister Karl Lueger (1844 – 1910) ist heute in der Öffentlichkeit heftig umstritten. Und das nicht ohne Grund: Karl Lueger verstand es schon zu Lebzeiten geschickt, einen beispiellosen Kult um seine Person aufzubauen und die Menschen als "Modernisierer" und "Anwalt der kleinen Leute" in seinen Bann zu ziehen. Mit rassistischer Rhetorik und gnadenlosem Populismus machte er Antisemitismus zu (s)einem politischen Programm.

Künstlerische Kontextualisierungen von Denkmälern sind Interventionen in Bezug auf deren Narrative und die damit verbundenen Ideologien. Sie haben den Anspruch, mittels formaler Distanzierung, Widersprüche zu formulieren, objektive Wahrheiten zum Ausdruck zu bringen und damit zu gesellschaftlichen Lernorten zu werden. Mit der Kontextualisierung des Denkmals soll ein solcher Lernort geschaffen werden, ein Raum für reflektierte Auseinandersetzung mit der Person Luegers und dessen geschichtlicher Bedeutung. Es gilt heute, Luegers Antisemitismus klar zu benennen und ein deutliches Zeichen gegen Antisemitismus in der Gegenwart zu setzen.

Künstlerischer Wettbewerb und wissenschaftliche Begleitung

Die inhaltliche Grundlage für den Wettbewerb wurde von einer wissenschaftlichen Kommission unter dem Vorsitz von Heidemarie Uhl, Historikerin am IKT Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Wien, gemeinsam mit Oliver Rathkolb, Professor für Neuere Geschichte mit besonderer Berücksichtigung der Zeitgeschichte, Barbara Staudinger, Leiterin des Jüdischen Museums Wien und Mechtild Widrich, Professorin am Department für Kunstgeschichte, -theorie und -kritik an der School of the Art Institute of Chicago aufbereitet. Die technischen und inhaltlichen Rahmenbedingungen wurden mit den zuständigen Magistratsabteilungen, dem Bezirk und dem Bundesdenkmalamt erarbeitet, die Vertreter*innen in einen umfangreichen Sachbeirat entsandt haben.

Im Oktober 2022 begann mit der konstituierenden Sitzung der von KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien in Kooperation mit der Kulturabteilung der Stadt Wien (MA 7) durchgeführte, geladene Wettbewerb. Die Jury setzte sich zusammen aus 13 stimmberechtigten Expert*innen (Künstler*innen, Architekt*innen, Kurator*innen, Kultur- und Kunstwissenschaftler*innen, Historiker*innen sowie Vertreter*innen des Bezirks und der zuständigen Magistrate), sowie einem nicht-stimmberechtigten, beratenden Sachbeirat. Das Siegerprojekt von Klemens Wihlidal wurde Mitte Mai nach intensiven Juryberatungen aus 13 Einreichungen ausgewählt und zur Umsetzung empfohlen. Nun folgt die Umsetzungsplanung. Alle eingereichten Wettbewerbsentwürfe werden von 19. bis 23. Juni 2023 in der Wiener Planungswerkstatt (Friedrich-Schmidt-Platz 9, 1010 Wien) ausgestellt.

Stimmberechtigte Mitglieder der Wettbewerbsjury: Iris Andraschek, Aleida Assmann, Katharina Blaas, Herwig Turk, Markus Figl/Lucia Grabetz, Felicitas Heimann-Jelinek, Sonja Huber, Franz Kobermaier, Hanno Loewy, Herbert Posch, Eva-Maria Stadler, Thomas D. Trummer sowie Heimo Zobernig.

Sachbeirat: Friedrich Dahm / Irene Humenberger (Bundesdenkmalamt), Patricia Davis (1. Bezirk), Gerhard Dully (MA 33 – Wien leuchtet), Sarah Ehkampf (MA 42 – Wiener Stadtgärten), Franz Eschner (MA 22 – Umweltschutz), Clarissa Knehs (MA 19 – Architektur und Stadtgestaltung), Sonja Moissl (MA 37 – Baupolizei), Cornelia Offergeld (KÖR GmbH, Kuratorische Leitung), Peter Peternell (Wiener Linien), Robert Reich (MA 28 – Straßenverwaltung und Straßenbau), Franz Roth (MA 46 - Verkehrsorganisation und technische Verkehrsangelegenheiten), Martin Scherer (MA 34 – Bau- und Gebäudemanagement), Gabriele Steinbach (MA 46 - Verkehrsorganisation und technische Verkehrsangelegenheiten), Martina Taig (KÖR GmbH, Geschäftsführerin), Laurentius Terzic (1. Bezirk), Monika Trimmel (Werkraum Ingenieure ZT GmbH, Vorprüferin), Ursula Schwarz (MA7, Kulturabteilung der Stadt Wien, Referat Kulturelles Erbe) sowie Heidemarie Uhl (Vorsitzende wissenschaftlicher Beirat).

Geladene Künstler*innen des Wettbewerbs: Ignasi Aballí, Anna Artaker, Yael Bartana, Catrin Bolt, Clegg & Guttmann, Ramesch Daha, Eduard Freudmann, Anna Jermolaewa, Martin Krenn, Tatiana Lecomte, Hans Schabus, Heidi Schatzl, Milica Tomić, Simon Wachsmuth sowie Klemens Wihlidal.

Zum Künstler Klemens Wihlidal

Klemens Wihlidal, 1982 in Wien geboren, lebt und arbeitet als freischaffender Musiker und Künstler in Wien. Nach einer Ausbildung an der Höheren Grafischen Bundes- Lehr- und Versuchsanstalt, studierte er am Konservatorium Wien und am Conservatoire d’Antibes (Konzertfach Gitarre). Von 2003 bis 2010 folgte ein Studium an der Universität für Angewandte Kunst Wien, Studienzweig Medienübergreifende Kunst bei Prof. Bernhard Leitner und Prof. Erwin Wurm. 2005–2017 war Wihlidal Mitglied der Band GIN GA, seit 2018 ist er Teil des Survival-Pop Duos MICKEY. Wihlidal bezeichnet seine künstlerischen wie auch musikalischen Arbeiten als visuelle oder akustische Interventionen, als Eingriffe in bestehende Systeme. Es geht ihm um den Blick und um den Blick auf den Blick, um das Verhandeln des Vorhandenen.

Vermittlung – Aus- und Rückblick

Mit der Juryentscheidung beginnt nun die Detailplanung für die Umsetzung des Entwurfs. Vor deren Abschluss können keine Aussagen über den weiteren Zeitplan gemacht werden.

Umsetzung und Fertigstellung sind für 2024 geplant.

Die temporäre Kontextualisierung "Lueger temporär" von Nicole Six und Paul Petritsch wird im Herbst dieses Jahres abgebaut.

Eine 2024 erscheinende Publikation wird den gesamten Prozess dokumentieren – von der Errichtung des Denkmals und Beweggründe für diese, über die aufkeimende Kritik am Denkmal, die Beschmierungen und die damit einhergehende öffentliche Debatte, bis zur Entscheidung für eine Kontextualisierung nach einem wissenschaftlich fundierten Wettbewerb.

Für die permanente Installation wird KÖR Wien ein spezifisches Dialogprogramm erarbeiten. Es gilt, Erinnern als einen aktiven Prozess mitzugestalten.

"LuegerTemporär" ist als dialogische Plattform konzipiert: Die Menschen kommen vor Ort ins Reden und diskutieren. KÖR bietet für Schüler*innen wie für Erwachsene Vermittlung in Form von Gesprächen vor Ort an, die man buchen kann. In Kooperation mit dem Institut für Geschichte der Universität Wien entstanden Formate für „die historisch-politische Bildung“, die an einer Schule bereits gestartet haben. Mit verschiedenen Klassen von Universitäten wurden dialogische Veranstaltungen vor Ort durchgeführt. Vernetzte Initiativen stellen ihre Texte und Angebote auf der KÖR-Webseite zur Verfügung.

Im Sommer wird der Schwerpunkt "Lueger und sein Antisemitismus" mit Expert*innen und Vermittler*innen gesetzt, die auch ohne Anfrage vor Ort für Gespräche zur Verfügung stehen. Im Juni sind Vorträge von Historiker*innen (in der VHS Urania) und ein Gespräch vor Ort angesetzt. Für den September sind künstlerische Interventionen – vom Screening von Interviews über eine Lesung bis Musik – geplant.

KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien

Die Aufgabe von KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien ist die Aktivierung des öffentlichen Raums der Stadt mit permanenten und temporären künstlerischen Projekten.

Die Idee ist, die Identität der Stadt und einzelner Stadtteile mit zeitgenössischer Kunst zu stärken sowie die Funktion des öffentlichen Raums als Agora – als Ort der gesellschaftspolitischen und kulturellen Debatte – zu beleben.

Kunst im öffentlichen Raum kann dabei unterschiedliche Funktionen und Inhalte übernehmen: z.B. die Auseinandersetzung mit Kunst im Allgemeinen fördern, Aufmerksamkeit auf aktuelle Themen und Fragestellungen des öffentlichen Interesses lenken, Denkanstöße geben und zu Diskussionen und Dialogen anregen, genauso wie strategisch stadtplanerisch mitwirken. Kunst im öffentlichen Raum kann im Rahmen von ausgewählten Erinnerungskultur-Projekten auch eine „Denkmal“-Funktion übernehmen.

KÖR wickelt hierfür künstlerische Projekte ab, erteilt Aufträge an KünstlerInnen, lobt künstlerische Wettbewerbe für Projekte im öffentlichen Raum aus, vergibt Förderungen an KünstlerInnen bzw. Projektträger und setzt damit verbundene Tätigkeiten (Symposien, Publikationen, Vermittlungsprogramme, u.a.) um. Weitere Informationen: www.koer.or.at

Anne Katrin Feßler, Mediensprecherin Stadträtin Mag.a Veronica Kaup-Hasler

+43 1 4000 81191

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