EU-Budgetverhandlungen als Chance

von Christian Ebner

29. Juli 2025 - Das neue EU-Budget spricht eine klare Sprache: Die Kommission will noch mehr Geld und noch mehr Macht. Das wäre aber nicht nur eine Bedrohung, sondern auch eine Chance.

EU Juli 2025 vdL

Die EU-Kommission schlägt vor, dass das EU-Budget für die Periode 2028 – 2034 satte 2.000 Milliarden Euro betragen soll. Im Vergleich zu den 1.200 der Vorperiode wäre das eine Steigerung von ca. 7,6 % pro Jahr, damit würde das Budget der EU viel stärker als die Wirtschaft wachsen. Hinzukommt, dass die EU-Kommission die Ausgaben für die Landwirtschaft, die derzeit 50% der EU-Ausgaben ausmachen, halbieren will. Auch für die derzeit zweitgrößte Position, die Regionalförderungen, will die EU-Kommission weniger ausgeben, wobei die Mitgliedstaaten mehr Freiheit haben sollen, nationale Zuschüsse zu vergeben. Insgesamt will sie deutlich weniger an fixe Ausgaben gebunden sein, sondern deutlich mehr Geld (mehr als 700 Mrd.) nach eigenem Ermessen ausgeben: für Verteidigung, die Ukraine, Wettbewerbsfähigkeit und geopolitische Ambitionen. Mitgliedstaaten sollen noch mehr als bisher nur dann EU-Mittel erhalten, wenn sie den politischen Vorgaben der EU-Kommission folgen (schon in den letzten Jahren wurden Gelder für Polen und Ungarn blockiert). Die EU-Kommission würde auch gerne einen deutlich größeren Teil der Einnahmen aus eigenen Steuern lukrieren, um zukünftig weniger von den Zahlungen Mitgliedstaaten abhängig zu sein. Kurz gesagt: die EU-Kommission will noch mehr Geld und Macht.

Wenig überraschend kam aus vielen Mitgliedstaaten massive Kritik. Bundeskanzler Stocker hat völlig korrekt, aber eher zurückhaltend formuliert, dass es nicht sein könne, dass wir in Österreich Einsparungen vornehmen müssen, aber deutlich mehr Geld der EU überweisen sollen. Dem neuen EU-Budget müssen das EU-Parlament und jeder Mitgliedstaat zustimmen. Falls innerhalb der kommenden zwei Jahre zu keiner Einigung käme, so würde das alte Budget fortgeschrieben. Das wäre für die Nettozahler (Österreich, Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Italien, Schweden, Dänemark, Finnland und Irland) kein Beinbruch, denn für die Nettozahler sind Budgetausdehnungen ein Verlustgeschäft, für die EU-Kommission hingegen wäre eine Nicht-Einigung besonders schmerzhaft. D.h. für Nettozahler wie Österreich ist es attraktiv, hart zu verhandeln, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Da jeder Mitgliedstaat den Budgetbeschluss blockieren könnte, haben kleine Mitgliedstaaten wie Österreich auch die Chance EU-Vertragsänderungen durchsetzen, die sie normalerweise nie durchsetzen könnten. Klarerweise wird man sich nicht mehr Feinde machen als nötig, deshalb ist es klug sich Verbündete für die eigenen Forderungen zu suchen, wobei die Verbündeten bei unterschiedlichen Themen durchaus unterschiedliche Staaten sein können.

Es ist wohl im Interesse der Nettozahler, dass das Budget nicht allzu sehr ausgedehnt wird. Viele Mitgliedstaaten werden ein Interesse daran haben, dass die EU-Kommission nicht noch mehr an Macht gegenüber den Mitgliedstaaten gewinnt, d.h. der Wunsch der EU-Kommission mehr eigene Steuern einheben können und Gelder an Mitgliedstaaten blockieren zu können, die nicht ihren Vorgaben folgen, dürfe wohl auf breite Ablehnung stoßen.

Bei vielen Staaten dürfte wohl auch der Vorstoß unbeliebt sein, dass die EU zwar weiterhin im Detail die Agrarpolitik vorschreiben will, aber diese nur mehr zum Teil bezahlen will. Der Königsweg wäre wohl die umfassende Renationalisierung der Agrarpolitik. Als Vorbild könnte hier die EFTA dienen: die EFTA (der gemeinsame Markt der Schweiz, Liechtensteins, Norwegens und Islands) hat zwar einen gemeinsamen Markt für Industriegüter, aber keine gemeinsame Agrarpolitik.

Kaum eine Politik der EU belastet die Mitgliedstaaten so sehr wie die ultralockere Asyl-Politik, die zu einer massiven Asyl-Zuwanderung führt, besonders geschädigt sind Staaten an den Außengrenzen und Staaten wie Österreich mit großzügigen Sozialsystemen, die besonders viele Asyl-Migranten anziehen. Die Niederlande haben diesbezüglich bereits ein Optout aus dem Asyl-Recht der EU gefordert, dieses wäre wohl auch für Österreich etliche andere Staaten interessant.

Bemerkenswert ist, dass die EU die Militärausgaben massiv erhöhen will, obwohl diese parallel dazu auch seitens NATO massiv erhöht werden. Abgesehen von den beiden neutralen EU-Mitgliedstaaten Österreich und Irland sind alle anderen EU-Mitglieder auch Mitglieder der NATO. Die Österreich und Irland könnten nun mit Hinweis auf ihre Neutralität argumentieren, dass Verteidigung, Geopolitik und die Unterstützung der Ukraine in der NATO angesiedelt sein sollten. Alternativ dazu könnten Österreich und Irland auch ein Optout aus der gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik fordern, man könnte so Konflikte mit der in den jeweiligen Verfassungen verankerten Neutralität vermeiden und gleichzeitig den anderen nicht im Weg stehen.

Die EU-Budgetverhandlungen sind nicht nur eine Bedrohung, sondern auch eine Chance. Die Bundesregierung ist gefordert, Verhandlungsziele zu definieren, daraus eine Verhandlungsstrategie abzuleiten und für diese Verbündete in den anderen Mitgliedstaaten zu suchen. Nur so kann Österreich seine Chance nutzen und am Ende als Gewinner dastehen.

Mag. Christian Ebner ist Unternehmensberater und Parteiobmann von Freisinnige.