10. Septmeber 2024 - Schon in Knittelfeld ist Anton (Kandidat der Liste Madeleine Petrovic) ein Plakat vor dem Stadtamt aufgefallen. Inhalt: „Nationalratswahl – ‚Quasi-Vorwahltage‘. Beantragen Sie Ihre Wahlkarte und geben Sie direkt Ihre Stimme im Bürgerservicebüro ab!“ Dafür macht das Amt sogar Überstunden und bietet an drei Freitagen Verlängerte Öffnungszeiten bis jeweils 18:00 Uhr. Anton Edler von Liezen, ein Mensch mit moralischen Grundsätzen, fragt sich und mich, wofür wir dann noch bis Ende September dutzende Gemeinden und Städte besuchen, wenn uns viele Stimmen schon weggenommen werden, bevor wir Gelegenheit hatten, mit den Menschen zu sprechen.
Und genau diese Möglichkeit wurde heute in Mürzzuschlag zum Fall. Ein älterer Herr hat mir eröffnet, dass er schon voreilig „taktisch“ gewählt habe, ohne zu wissen, dass auch Petrovic bei der Wahl antrete. Petrovic ist auch Obfrau des Vereins Save Tibet, dem auch besagter Wähler angehört. Sein Bedauern über die voreilige Entscheidung war aufrichtig aber die Wahl nicht mehr zu ändern. „Die Welt ist alles, was der Fall ist.“ (Wittgenstein)
Es ist klar, dass die Altparteien niedrige Wahlbeteiligung fürchten, da die 4-Prozent-Hürde bei fünf Millionen Wählern mit weniger Stimmen erreicht werden kann als bei sechs Millionen. Klar ist auch, dass viele Wähler erst in den letzten Tagen vor dem Wahltag ihre Entscheidung treffen (siehe Umfragen von Marketagent.com)
So können die Altparteien verlorene Wähler zurückgewinnen, bevor diese im direkten Gespräch mit Kandidaten neuer Parteien von besseren Ideen oder gar von einem besseren Demokratie-Konzept überzeugt werden. Nicht zuletzt stellt sich die Frage, ob diese neue Praxis der „Vorwahl“ verfassungskonform ist.
Der Begriff „Vorwahl“ findet sich jedenfalls nicht in der Verfassung und auch nicht in Nationalratswahlgesetz. Somit gibt es auch keine Vorwahltage. Der Begriff „Quasi Vorwahltage“ unter Anführungszeichen verschleiert nur schlecht, um was es wirklich geht – nämlich um Vorwahltage. Schon in der amtlichen Wahlinformation findet sich die Auskunft, wie man mit der Wahlkarte wählt. Die erste von vier Möglichkeiten: „sofortige Stimmabgabe mittels Briefwahl bei persönlicher Beantragung“.
Ich habe zwar keinen Bildungsauftrag (anders als der ORF), erfülle ihn aber trotzdem (anders als der ORF). So habe ich im NR-Wahlgesetz, das 129 Paragrafen umfasst, nachgeforscht und im § 40 (Vorgang nach Ausstellung der Wahlkarten) Absatz 5 folgende Details gefunden:
(5) Für den Fall, dass eine Wahlkarte dem Antragsteller persönlich ausgefolgt wird, kann diese unmittelbar nach ihrer Ausstellung in den Räumen der ausstellenden Behörde zur Stimmabgabe mittels Briefwahl verwendet und anschließend zur Weiterleitung an die zuständige Wahlbehörde hinterlegt werden. Die Gemeinde hat durch Bereitstellung einer Wahlzelle oder eines hierfür abgetrennten Raumes oder Bereiches dafür Sorge zu tragen, dass eine solche Stimmabgabe unter Wahrung des Wahlgeheimnisses möglich ist. Der Ort für die Wahlzelle, den abgetrennten Raum oder den abgetrennten Bereich ist so auszuwählen, dass dieser für Menschen mit Behinderungen barrierefrei erreichbar ist. Macht der Wähler von der Möglichkeit der Stimmabgabe nach Ausstellung der Wahlkarte Gebrauch, so hat der Gemeindewahlleiter, in Statutarstädten der Bezirkswahlleiter, allenfalls unter Heranziehung von Hilfskräften, nach Entgegennahme der Wahlkarte die Wahlkarte anhand des auf der Wahlkarte aufscheinenden Barcodes oder QR-Codes unter Zuhilfenahme der Datenverarbeitung ZeWaeR zu erfassen. In gleicher Weise ist mit Wahlkarten vorzugehen, die der zuständigen Wahlbehörde im Postweg übermittelt worden sind. Eine Wahlkarte ist unmittelbar nach der Erfassung in einem besonderen Behältnis amtlich unter Verschluss zu verwahren.
Ich bin kein Rechtsprofessor, sondern nur ein Kandidat der Liste Madeleine Petrovic, der um deine Vorzugsstimme wirbt. Wenn ich aber ein Professor wäre, würde ich eine Dissertation anregen zum Thema: wie viele Türen öffnet das aktuelle Nationalratswahlgesetz für Missbrauch und Wahlfälschung.