Was kann Wissenschaft leisten? - George Soros

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George Soros

Ein Schüler von Karl Popper, der berühmt-berüchtigte Börsenspekulant Geroge Soros, hat darauf mit der "Doktrin der Fehlbarkeit" reagiert. Demnach impliziert jede Gesellschaftstheorie (z.B. die Annahme, wie sich die Börsenkurse entwickeln werden) grundsätzlich die Faktoren Ungewissheit und Reflexivität. Ungewiss ist jede Theorie, weil jede "Sichtweise zwangsläufig verzerrt oder inkonsistent oder beides" ist. Reflexiv ist jede Theorie, in dem Sinne, dass nicht nur die Ereignisse auf die Theoriebildung Einfluss nehmen, sondern auch jede Theorie die Ereignisse beeinflusst. Reflexivität bedeutet demnach, dass Erkenntnisse sowohl kognitiv als auch manipulativ sind.

Soros entzieht sich selbstironisch der Falsifikation seiner "Doktrin" und verweist darauf, dass er als Philosoph gescheitert, aber als Spekulant erfolgreich gewesen sei: "Meine Auffassung der Reflexivität versetzte mich in die Lage, sowohl die Finanzkrise vorauszusagen als auch mit ihr zurechtzukommen, als sie eintrat." Ebenso ironisch könnte man darauf antworten: in Zeiten wie diesen findet sich immer irgendwo eine Finanzkrise, auf die eine Theorie (bzw Spekulation) zutrifft. Richtig und berechtigt ist jedenfalls der Hinweis darauf, dass die Naturwissenschaften (englisch: sciences) und die Geisteswissenschaften (englisch: arts) nicht nach den gleichen Methoden vorgehen können. Das Ergebnis des bestehenden "Methodenzwangs" zeigt sich besonders krass in der heutigen Medizin, die als Naturwissenschaft alles auf Messbarkeit reduziert hat. Nach oder durch Corona wurde der gesamte Bereich der Diagnostik, der eher eine Kunst als eine Wissenschaft ist, aus der Medizin verdrängt. Der schöne Begriff der "Heilkunst" ist in Vergessenheit geraten - aber das ist ein anderes Thema.