Kreditflaute und Rezession

Banken zurückhaltender bei Krediten

Update 4. Dezember 2023 - (Pressemitteilung es ifo-Instituts 4.12.23) Die Unternehmen in Deutschland haben ihre Investitionsvorhaben deutlich gekürzt. Das geht aus den Konjunkturumfragen des ifo Instituts hervor. Die ifo Investitionserwartungen für das laufende Jahr sind im November auf 2,2 Punkte gefallen, nach 14,7 Punkten im März. „Das Investitionsklima hat sich spürbar eingetrübt. Das ist Folge der gestiegenen Finanzierungskosten, der schwachen Nachfrage und der wirtschaftspolitischen Unsicherheit“, sagt Lara Zarges, Konjunkturexpertin am ifo Institut. Auch für das kommende Jahr sind die Unternehmen zurückhaltend. Mit einem Saldo von 1,2 Punkten liegen die ifo Investitionserwartungen sogar etwas niedriger als in diesem Jahr.

24. Oktober 2023 - (Pressemitteilung des ifo-Instituts 23.10.23) Für Unternehmen wird es schwieriger, an neue Kredite zu kommen. 29,2% jener Unternehmen, die gegenwärtig Verhandlungen führen, berichteten im September von Zurückhaltung bei den Banken. Im Juni waren es nur 21,3%. „Die Banken erhöhen nach und nach die Kreditzinsen und gehen zurückhaltender bei der Vergabe vor“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen.

„In wirtschaftlich schwächeren Phasen müssen die Unternehmen auch mehr zur Kreditabsicherung beitragen“, fügt er hinzu. Der Anstieg bei der ifo Kredithürde war vor allem auf die Dienstleister (von 21,8 auf 31,5%) und auf die Industrie (von 20,7 auf 27,7%) zurückzuführen. Bei den Herstellern von elektrischen Ausrüstungen sind es knapp 40% der Unternehmen, die von Zurückhaltung bei den Banken berichten. Im Maschinenbau liegt der Anteil bei 31,6%. Aufgrund der schwierigen Lage im Wohnungsbau sind die Banken auch bei Unternehmen aus dem Grundstücks- und Wohnungswesen vorsichtig (31%). In der Veranstaltungsbranche liegt der Anteil bei rund 35%.

 

 

Auch im Einzelhandel ist der Anteil von 20,5 auf 28,2% gestiegen. Die wirtschaftliche Lage vieler Einzelhändler ist aufgrund der Kaufzurückhaltung weiterhin schwierig. Das spiegelt sich auch in den Kreditvergabebedingungen wider. Ähnliches gilt für das Baugewerbe, wo 29,4% (nach 26,9% im Juni) von einer restriktiven Kreditvergabe berichteten. Nur im Großhandel gab es einen Rückgang 22,6 auf 20,2%.

IV-Konjunkturbarometer 

(Pressemitteilung der Industriellenvereinigung 24.10.23Die österreichische Industrie befindet sich in der Rezession.

Dieser Befund ist das Resultat mehrerer Faktoren, die simultan die heimische Konjunktur belasten. In den energieintensiven Wirtschaftszweigen wirken sich die gegenüber den Vor-COVID-Jahren gestiegenen, vor allem aber im Vergleich zu Wettbewerbern aus Übersee weitaus höheren Energiepreise in Österreich produktionsmindernd aus. Inländische Aktivitäten vermögen die schwache Nachfrage auf den internationalen Märkten nicht nur nicht auszugleichen, sondern verstärken insbesondere über die sinkenden Hochbauvolumina die rezessive Dynamik zusätzlich. Die dafür mitursächlichen, binnen eines Jahres erheblich gestiegenen Finanzierungskosten lassen nicht nur die Neukreditvergabe für Wohnbauzwecke einbrechen, sondern erhöhen auch die Lagerhaltungskosten der Unternehmen und bedingen einen anhaltenden Lagerabbau.

Zusätzlich wirken – verschärfend zur ohnedies enormen bürokratischen und abgabenbezogenen Belastung der Unternehmen – immer höhere regulatorische Anforderungen und Auflagen aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung, dem European Green Deal („Fit-for-55-Paket“), der EU-Taxonomie-Verordnung und dem EU-Lieferkettengesetz kontraktiv.

„Im Ergebnis übersetzt sich der anhaltende Verlust an Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Produktionsstandortes in zunehmendem Maße in eine konjunkturelle Schwäche. Daher ist die Rezession inzwischen nicht mehr auf die Industrie beschränkt, sondern strahlt auf weite Teile der Wirtschaft aus. Sie erweist sich im internationalen Vergleich als in Deutschland und Österreich besonders negativ ausgeprägt“, brachte Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), am heutigen Dienstag in einer Pressekonferenz das derzeitige Konjunkturbild auf den Punkt. „Für Österreich ist daher nicht nur in der produzierenden Wirtschaft, sondern in der Gesamtwirtschaft eine Rezession zu erwarten“, so Neumayer.

Angesichts der aktuellen Lage ist der Ruf nach neuen Steuern und weiteren Belastungen unverständlich und nicht nachvollziehbar, betonte der Generalsekretär: „Menschen sehnen sich nach Sicherheit und Stabilität, schon die Diskussion über neue Steuern schafft breite Verunsicherung – in den Unternehmen, wie auch bei privaten Haushalten. Das ist auch an den Zahlen bereits erkennbar: so sind die aktiven Direktinvestitionen seit 2019 erstmals höher als die passiven Direktinvestitionen in Österreich, der Saldo ist im negativen Bereich – das entspricht einem Kapitalabbau von 18,3 Milliarden Euro – und das mit einem wesentlichen Unterschied zum Vergleichszeitraum von 2014-2018. Diese Entwicklung sehen wir mit großer Sorge“, so Neumayer.

Vor diesem Hintergrund hat die Industriellenvereinigung nun den „Steuerideenzähler“ etabliert, so werden Rufe oder die proaktive Diskussion rund um neue Steuern, Abgaben und Belastungen transparent dokumentiert und auf die Häufigkeit der Diskussion aufmerksam gemacht. „Statt im Wochentakt neue Steuern und Abgaben zu fordern, braucht es eine konsequente Senkung der bestehenden Steuer- und Abgabenquote von derzeit vergleichsweise hohen 43,5 Prozent auf 40 Prozent bis 2030. Während der Budgetrede hat Finanzminister Brunner ein klares Bekenntnis zur Absenkung der Abgabenquote in Richtung 40% des BIP abgegeben, die es nun konsequent umzusetzen gilt“, betont Neumayer.

Die Bundesregierung hat vergangenen Woche auf die konjunkturelle Entwicklung reagiert und ein Konjunkturpaket präsentiert, um vor allem die unter konjunkturellen Druck stehende Bauwirtschaft wieder anzukurbeln. Das ausgewogene Maßnahmenbündel beinhaltet unter anderem Maßnahmen zur Unterstützung von Sanierungen, den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur und zur Umsetzung des EU Chips Acts. Die heimische Industrie vermisst jedoch die zeitliche Ausweitung der Strompreiskompensation bis 2030, als zielgerichtete und wettbewerbssichernde Maßnahme.

Zudem könnten gezielt Maßnahmen zur Hebelung privatwirtschaftlicher Investitionen ergriffen werden: „Das Erfolgsrezept der Investitionsprämie hat in Zeiten der COVID-Pandemie zielgerichtet Investitionen gefördert – jeder investierte Euro hat dabei rund 10 Euro an Investitionen mobilisiert“, führt Neumayer aus. Dieses Instrument sollte weiterentwickelt werden und in Verbindung mit höheren Fördersätzen noch stärker fokussiert Investitionen in die ökodigitale Transformation unterstützen.

IV-Konjunkturbarometer: Einschätzung für Geschäftslage in 6 Monaten verschlechtert sich

Die Einschätzung des aktuellen Geschäftsganges durch die Unternehmen fällt nunmehr bereits seit neun (!) Quartalen ununterbrochen und zum aktuellen Termin abermals beschleunigt schwächer aus. Zudem verschlechtert sich die Einschätzung für die Geschäftslage in sechs Monaten drastisch und kommt noch weiter in negativem Terrain zu liegen. Per saldo sinkt das IV-Konjunkturbarometer damit von der Nulllinie um rund 17 Punkte. Es liegt damit lediglich noch exakt drei Punkte oberhalb des historisch schlechten Wertes aus dem ersten Quartal 2020.

„Während der letzten Wochen hat sich die Rezession in der österreichischen Industrie weiter verbreitert. Während zum letzten Termin vor allem die Papier- und Pappeindustrie sowie die hochbaunahen Branchen betroffen waren, hat die rezessive Dynamik inzwischen auch die Kunststoffproduktion und die Hersteller von elektrischen Ausrüstungen und Geräten erfasst. Dies betrifft die gesamte Palette der Indikatoren, angefangen bei den Stimmungsindikatoren über klassische Vorlaufindikatoren wie die Auftragseingänge und -bestände bis zu bereits realisierten Werten von gleich- und nachlaufenden statistischen Größen. Für das heurige Jahr erwarten wir einen Rückgang der realen Industrieproduktion um drei bis vier Prozent. Dementsprechend handelt es sich gesamtwirtschaftlich betrachtet um die stärkste normalzyklische Rezession in Österreich seit einem Dreivierteljahrhundert. Eine weitere konjunkturelle Großkrise kann zwar weiterhin als abgewendet betrachtet werden, sofern kein zusätzlicher exogener Negativschock die europäische Wirtschaft trifft, aber eine allmähliche Erholung ist bestenfalls ab dem zweiten Quartal 2024 zu erwarten“, erläuterte IV-Chefökonom Christian Helmenstein.

Statistik Austria Konjunkturschätzung

27. Oktober 2023 (Pressemitteilung der Statistik Austria